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 Panzerbrigade 21 „Lipperland“ auch im NATO-Norden einsatzbereit 

Rotenburg (Wümme) – Nach rund drei Wochen intensiver Gefechtsübung sind die letzten Kräfte der Panzerbrigade 21 aus Finnland zurückgekehrt. In der Nähe der Stadt Tampere fand die multinationale Übung Mighty Arrow statt. Fünf Nationen, rund 2.700 Soldatinnen und Soldaten sowie ein breites Spektrum an Gefechtsfahrzeugen – vom Radpanzer über Kampfpanzer bis zum Hubschrauber – trainierten Seite an Seite. Mitten im Verband: Eine Kompanie des Jägerbataillons 91 auf GTK Boxer. Das Ergebnis: Mittlere Kräfte funktionieren – auch in Finnland. 

Die Soldatinnen und Soldaten des Jägerbataillon 91 sind wegen der grün-braunen Tarnung im Gesicht kaum zu erkennen, doch die Anstrengung der letzten Tage können sie dennoch nicht verstecken: Müdigkeit unter den Augen, gereizte Haut durch kalte Fahrtluft, Spuren der eisigen Frühlingsnächte im Gesicht. Es ist 6 Uhr morgens, der Himmel gefühlt nie dunkel gewesen. Das Thermometer zeigt Minusgrade an, manchmal sogar bis in die Mittagsstunden. „Kämpfen in Finnland bedeutet auch, die eigene Körperwärme zu erhalten. Dafür sind wir mit moderner modularer Bekleidung ausgerüstet“, erklärt Hauptmann Till Hey, Presseoffizier der Panzerbrigade 21. Während die Finnen ihre beheizten Winterkampf-Zelte für die Nächte nutzen, schläft die Kompanie seit fünf Tagen unter freien Himmel im finnischen Wald. Heute steht ein Angriff bevor: Deutsche GTK Boxer gegen finnische und estnische Kampf- und Schützenpanzer und britische Aufklärer. Ein realistischer Härtetest für das Konzept der mittleren Kräfte. 

Doch die Deutschen kämpfen nicht allein, sie sind eingebettet in einen NATO-Kampfverband unter finnischer Führung mit Kampfpanzern aus Finnland und litauischen Schützenpanzern. Den Angriffsbefehl an seine Kompanie hat Kompaniechef Hauptmann Michael P. bereits gegeben, in Kürze startet die Operation auf das feindbesetzte Gebiet im Norden. 

Neuer NATO-Partner Finnland: Erste Übung für die Panzerbrigade 21 

Die Bundeswehr hat bereits häufig mit finnischen Kräften geübt. Für die Panzerbrigade 21 ist Mighty Arrow dennoch aus zwei Gründen eine Premiere: Es war die erste Übung mit dem neuen NATO-Partner Finnland und zugleich die erste Übung der mittleren Kräfte im hohen Norden. 

Getreu der Einsatzgrundsätze wurde auf eigener Achse auf Land und See verlegt – ohne Zwischenfälle. Die Brigade ist routiniert, nicht zuletzt durch zahlreiche Übungen mit vorgeschalteter Verlegung nach Litauen im vergangenen Jahr. Ob Finnland oder Litauen: Die Panzerbrigade 21 verlegt schnell und zuverlässig entlang der gesamten NATO-Ostflanke. So erfolgreich der Marsch nach Finnland aber auch war, das richtige Übungsgefecht folgt erst noch – und das finnische Gelände ist besonders. 

Einsatz moderner Drohnentechnologie 

Der Angriff läuft. Die finnische Panzerkompanie identifiziert eine Sperre aus „Drachenzähnen“ – schwere Betonelemente, die den Vorstoß stoppen sollen. Die massiven Pyramiden müssen weggeräumt werden. Während die finnischen Kampfpanzer das offene 

Gelände und die Hauptstraße überwachen, sitzen die mittleren Kräfte des Jägerbataillons 91 von ihrem GTK Boxer ab und kämpfen sich durch den Wald. Sie müssen vor die Sperre kommen und die finnischen Pioniere beim Räumen der Sperre sichern. Der GTK Boxer folgt der Truppe – seine schweren Maschinengewehre und Granatwerfer sind essenziell für den Kampf auf Distanz. „Unser GTK Boxer und alle zukünftigen Gefechtsfahrzeuge der Panzerbrigade 21 sind auf den abstandswirksamen Kampf ausgerichtet“, erklärt Hey. Mittlere Kräfte sind spezialisiert auf den Kampf auf weitere Entfernung. Dazu braucht es detaillierte Aufklärung zu feindlichen Aktivitäten, hierzu ist die Brigade mit einer Vielzahl von hochmodernen Drohnen ausgestattet. Eine davon lässt Hauptmann P. gerade aufsteigen – mit Wärmebildkamera zur Feindaufklärung im Vorfeld. Seine Kompanie informiert er über den Einsatz. „Der Drohneneinsatz ist fester Bestandteil unseres Gefechtsalltags. Unsere Soldatinnen und Soldaten sind sensibilisiert für die Bedrohung aus der Luft – das gläserne Gefechtsfeld ist Realität“, so Hey. Würde P. seine Soldatinnen und Soldaten nicht über die eigenen Drohnen informieren, würde innerhalb kürzester Zeit ein Feuergefecht auf das Fluggerät ausbrechen. 

Wald, Moor, kaum Freifläche – das Gelände fordert taktische Flexibilität 

Die Panzerbrigade 21 ist aufgrund ihrer robusten Fahrzeugpanzerung und des durchsetzungsfähigen Waffenmix bei gleichzeitig hoher Beweglichkeit ein wirksames Mittel zur ersten militärischen Krisenreaktion. Die Kampfweise der radbasierten Kräftekategorie wurde in den vergangenen Jahren in Deutschland konzipiert und erprobt, in Litauen im letzten Jahr bestätigt und sollte nun in Finnland weiter gefestigt werden. Ausschlaggebend für das Kämpfen ist das Gelände, in dem Truppen agieren. Während man im heimischen Deutschland auf eine stete Mischung zwischen Waldgebieten, Freiflächen oder einem Mix von Beidem rechnen kann, dominieren in Finnland schwer passierbare Wälder und Moore. Befahrbare Freiflächen sind rar. Für die Besatzungen der GTK Boxer eine Herausforderung – aber zugleich Beweis für die Flexibilität ihrer Systeme. Anders als Kampfpanzer, die auf weite Entfernungen zum Einsatz ihrer 120 Millimeter Bordkanone angewiesen sind, agieren die mittleren Kräfte in Finnland im schnellen Wechsel auf- und abgesessen aus der Bewegung heraus. Statt durchgängig auf dem Fahrzeug zu verbleiben, kämpfen Soldatinnen und Soldaten und Fahrzeuge nun nebeneinander. Abgesessene Truppe vorne weg, Fahrzeuge folgen und überwachen bis zu mehrere hundert Meter weit entfernt aus der Tiefe. 

Gemeinsam stark mit Finnland 

Neben taktischer Flexibilität war auch die Zusammenarbeit mit den finnischen Streitkräften ein zentrales Übungsziel. Trotz Detailunterschieden in der Gefechtsführung wurde schnell klar: Es wird dieselbe Sprache gesprochen – taktisch wie wörtlich im NATO-Verbund. Der finnische Gefechtsverband wurde in englischer Sprache geführt. „Es ist wichtig, dass wir die Erkenntnis mitnehmen, dass multinationale Gefechtsverbände mit unseren finnischen Kameradinnen und Kameraden einsatzfähig und erfolgreich agieren können“, resümiert Hey. Insbesondere die reibungslose Verlegung sei ein Beweis für die operative Einsatzbereitschaft der Panzerbrigade 21. 

Die Panzerbrigade 21 ist die erste Brigade des Deutschen Heeres, die der neuen Kräftekategorie „Mittlere Kräfte“ zugeordnet ist. Mit ihren radbeweglichen, hochmobilen Verbänden ist die Brigade zur raschen und weitreichenden Verlegung im gesamten europäischen Operationsraum der NATO befähigt. Durch hohe Mobilität, Feuerkraft und Panzerschutz ist der Großverband flexibel, vielseitig, schnell und effektiv einsetzbar. 

Das Jägerbataillon 91, eines der drei Kampftruppenbataillone der Panzerbrigade 21, zeichnet sich durch seine schnelle Einsatzfähigkeit aus. Mit den Radpanzern des Typs GTK Boxer ist es besonders reichweitenstark und kann ohne lange Vorbereitungszeit reagieren. Durch seine hohe Mobilität bildet das Bataillon eine schlagkräftige Erstreaktion auf Krisen und Konflikte und schafft Zeit für die Verlegung schwerer Heereskräfte. Im Jahr 2024 wurde das Bataillon mehrfach an die NATO-Ostflanke in Litauen verlegt und leistete dort einen wichtigen Beitrag zur Abschreckung. 

Die finnischen Streitkräfte vertrauen auf resiliente Strukturen. Fällt der Funk aus, können sie auf Kradmelder zurückgreifen, die Meldungen händisch übergeben. Aber auch zur Leitung von Gefechtsfahrzeugen wie dem Brückenleger sind sie gut geeignet (Bundeswehr/Till Hey)